Gerade bei chronischen Lungenkrankheiten ist eine Inhalationstherapie für PatientInnen unvermeidbar. Wann inhaliert werden muss, was die Betroffenen zu beachten haben und wie nützlich Inhalationshilfen sind, erklärt uns Ulrike Sengseis.

Frau Sengseis, abgesehen von COPD, bei welchen Krankheiten ist es noch notwendig zu inhalieren?
Die Inhalation kommt meistens bei chronischen Erkrankungen zur Anwendung. Es ist eher selten der Fall, dass PatientInnen bei akuten Erkrankungen zur Inhalation greifen müssen. Hier sind es vor allem obstruktive Erkrankungen. PatientInnen, die dauerhaft inhalieren müssen, sind in der Regel Betroffene von chronisch obstruktiven Erkrankungen wie beispielsweise Asthma, COPD und Cystische Fibrose.
Was ist der Unterschied zwischen einer medizinischen Inhalation und dem Hausmittel von der Oma, beispielsweise Inhalieren von Kamillentee?
Bei den bekannten Hausmitteln wie Inhalieren von Kamillentee oder Salzwasser gibt es keine bewiesene medizinische Wirkung. Bei der Inhalation bei chronischen Erkrankungen wie COPD geht es vor allem um die Aufnahme eines Wirkstoffes, eines Medikaments, durch die Inhalation.
Gibt es etwas, das die PatientInnen bei der Inhalation besonders beachten müssen?
Die Hygiene und die Reinigung der Geräte ist sehr wichtig! Gerade bei Erkrankungen, bei denen Keime eine Rolle spielen (wie bspw. bei CF) ist es wichtig, alles ordnungsgemäß zu reinigen. Aber auch bei COPD können Keime eine gefährliche Rolle spielen.
Gerade wenn die Geräte nicht richtig oder unzureichend gereinigt werden, kommt es zum Mischen von Medikamentenresten und zur Keimvermehrung, was negative Folgen haben kann.
Was noch beachtet werden muss: passt das Gerät tatsächlich zum Patienten/zur Patientin und kann die Inhalation richtig durchgeführt werden? Gründe dafür, dass ein Gerät für PatientInnen nicht geeignet ist, können unterschiedlich sein: liegt es an einer Einschränkung der respiratorischen Funktion, dass die Inhalation nicht wirkt? Sind es die kognitiven oder die manuellen Fähigkeiten
Ein wichtiger Punkt gilt zudem bei chronischen Erkrankungen, bei denen die Betroffenen in einem normalen Arbeits- oder Schulprozess stecken. Wenn viel inhaliert werden muss, ist es enorm wichtig darauf zu achten, dass die Therapie organisierbar und zeitlich machbar ist.
Gibt es auch die Möglichkeit „falsch“ zu inhalieren?
Es gibt beim Inhalieren viele Dinge auf die geachtet werden muss. Wenn die Inhalation nicht an das Alter, die Fähigkeiten und die Bedürfnisse der PatientInnen angepasst ist, dann kann auch die Inhalation unter Umständen unwirksam sein, da sie nicht richtig dort ankommt wo sie ankommen soll.
Die PatientInnen müssen sich auch mit den Geräten auseinandersetzen. Wichtig ist, dass sie in der Handhabung von fachkundigen Personen geschult werden und das nicht nur selbst über den Beipackzettel lernen. Auch bei der Einnahme mehrerer Medikamente gibt es viel beachten. Was inhaliere ich zuerst? Inhaliere ich diesen Wirkstoff bevor ich den Schleim abhuste oder doch lieber danach? Wann ist eine Mundhygiene wichtig? Das hängt natürlich ganz von den Wirkstoffen ab.
Es passieren auch immer wieder mal kleine Anwendungsfehler. Wenn man beispielsweise vergisst, eine Abdeckkappe zu entfernen oder ähnliches, kann schon alleine das dazu führen, dass gar keine Wirkung gegeben ist.
Gerade für kleine Kinder mit Asthma gibt es ja auch die Möglichkeit von Inhalationshilfen. Für wie sinnvoll halten Sie diese?
Inhalationshilfen sind sehr hilfreich, nicht nur für Kinder. Ich empfehle sie auch Erwachsenen.
Zum Beispiel der Asthmaspray. Das Dosieraerosol wird geöffnet, geschüttelt und der Hub wird durch manuellen Druck ausgelöst. Der Wirkstoff kommt mit sehr hoher Geschwindigkeit heraus. Dieses Raussprayen muss mit dem Atemfluss beim Einatmen koordiniert werden, und zwar so, dass der Wirkstoff nicht einfach nur an der Schleimhaut kleben bleibt.
Es ist nicht nur für Kinder schwierig, sondern auch für Erwachsene. Vor allem in Situationen in denen die Betroffenen nervös sind, weil sie nicht richtig Luft bekommen oder weil sie es eilig haben.
Darum sind diese Inhalationshilfen, die sogenannten Vorschaltkammern, grundsätzlich und wenn möglich, auch für Erwachsene empfohlen.
In den Vorschaltkammern wird der Wirkstoff aufgefangen und das gibt den PatientInnen mehr Zeit den Wirkstoff auch richtig einzuatmen, wodurch man die Inhalation natürlich auch gut und effektiv durchführen kann.
Autor: Julian Wolf
Bilder: Fotolia | FH JOANNEUM
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